
Diabetes und Osteoporose
Nach den Leitlinien der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft 2023, https://www.oedg.at/pdf/OEDG-Leitlinien-2023.pdf, Seite 207ff
Diabetes mellitus und Osteoporose zählen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen und kommen deshalb beide häufig in ein und demselben Menschen vor. Da beide Krankheiten im höheren Alter immer häufiger werden, wird es auch immer mehr Menschen mit Diabetes UND Osteoporose geben.
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Ganz allgemein gilt: Menschen mit Diabetes jeden Typs haben ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche aufgrund von Osteoporose!
Also wieder etwas, worum sich Menschen mit Diabetes vermehrt kümmern sollten!Ich berichte hier von der Leitlinie der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft, und das wird ein eher theoretischer Artikel. Stellen, in denen steht, was für Sie als Patientin oder Patient besonders wichtig ist, was Sie selbst tun können, habe ich so wie hier markiert.
Bei Diabetes kommen möglicherweise noch weitere Risikofaktoren dazu, wie z.B. eine diabetische Schädigung der Nerven (Neuropathie) oder des Augen-Hintergrunds (Retinopathie) oder häufigere Stürze (Hypos = Hypoglykämien = Unterzuckerungen!). Damit steigt die Gefahr eines Knochenbruchs.
Risiko bei Typ 2 Diabetes:
Da sind wichtig: das Alter und wie lange man schon Diabetes hat. In den ersten 5 Jahren mit Diabetes mellitus Typ 2 gibt es kein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche aufgrund von Osteoporose, danach leider schon.
HbA1c:
Ein HbA1c über 7% führt zu einem raschen Anstieg des Risikos mit einer erhöhten Sterblichkeit nach Knochenbrüchen. Zusätzlich hat eine schlechte Diabetes-Einstellung einen negativen Einfluss auf die „Architektur“ im Knochen. Unsere Knochen bestehen aus einer harten Außenschicht und vielen kleinen „Knochenbälkchen“ im Inneren.
Genauer können Sie dies hier nachlesen: https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktionieren-die-knochen.html
HbA1c unter 7% verringert das Risiko für Knochenbrüche – allerdings gibt es vor allem bei Insulintherapie mit tieferen HbA1c auch vermehrte Hypo-Gefahr – hier muss man besonders bei älteren Menschen genau abwägen, was wichtiger ist!
Nierenschwäche:
Wenn die Nieren nicht mehr so gut arbeiten können, bringt das auch Störungen im Mineral-Stoffwechsel mit sich – und somit ist eine nierenschwäche, eine „Niereninsuffzienz“, wie das von Ärzten genannt wird, ein weiterer Risikofaktor für Osteoporose und Knochenbrüche.
Wie wirken sich verschiedene Diabetes-Behandlungen aus?
Gewichtsabnahme:
So positiv eine Gewichtsabnahme auch ist – es kommt dabei leider immer auch zu einer leichten Abnahme von Muskulatur und Knochen.
Deshalb ist es gerade während einer Gewichtsabnahme wichtig, darauf zu achten, genug Eiweiß zu essen und Bewegung zu machen.
Medikamente:
Metformin: ist sicher bei Osteoporose. Es gibt kleine positive Effekte durch Steigerung der Knochenmasse und Knochenstärke.
SGLT2-Hemmer: Empaglifozin (Jardiance, in Kombination mit Metformin Synjardy) und Dapaglifozin (Forxiga, in Kombination mit Metformin Xigduo).Die beiden Wirkstoffe sind neutral – sie wirken weder positiv noch negativ am Knochen.
GLP-1-Rezeptoragonisten: derzeit in Österreich: Victoza, Trulicity, MounjaroDie aktuelle Datenlage zeigt kein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche; im Gegenteil, es gibt zunehmend Hinweise auf einen anti-osteoporotischen Effekt durch Verbesserung der Knochen-Dichte und -Qualität sowie durch eine Hemmung des Knochen-Abbaus.
DPPIV-Hemmer, die „Gliptine“: Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin und LinagliptinHier gibt es kleine Hinweise auf eine Verringerung des Risikos für Knochenbrüche, allerdings wurde bis jetzt noch keine große Studie gemacht, die nur dieses Thema untersucht hat – die Zahlen stammen aus „Nebenbei-Beobachtungen“ anderer Studien. Was sicher ist: die Gliptine sind als neutral bis „wahrscheinlich leicht positiv“ für die Knochen-Gesundheit zu bewerten
Sulfonylharnstoffe: Gliclazid (Diamicron) und Glimepirid (Amaryl): in Labor-Versuchen zeigte sich ein erhöhter Knochenaufbau – das ist gut. Aber diese Medikamente bringen auch die Gefahr für Hypos mit sich, und damit die Gefahr von Stürzen!
Pioglitazon (Actos): So spannend und wirksam dieses Medikament zur Diabetes-Behandlung auch ist: Es erhöht etwas das Risiko für Knochenbrüche, vor allem bei Frauen. Es sollte daher mit Bedacht eingesetzt werden – bleibt aber ein wertvolles Diabetes-Medikament.
Insulin: Leider bringt eine Insulin-Therapie ein leicht erhöhtes Risiko für Knochenbrüche mit sich. Teilweise entsteht das sicherlich durch die Gefahr von Hypos.
Diagnose der Osteoporose:
Die wichtigste und bekannteste Untersuchung ist die DXA-Röntgenuntersuchung, die Bestimmung der „Knochendichte“. Dabei wird die Festigkeit des Knochens an 2 Stellen gemessen: am „Hals“ des Oberschenkel-Knochens - das ist die Stelle des Übergangs vom langen Oberschenkel-Röhrenknochen zum Hüftkopf - und an der Lendenwirbelsäule.Das Ergebnis ist der „T-Score“: Ein Wert unter 2,5 bedeutet. Diagnose Osteoporose, das wurde 1994 von der Who so festgelegt.
Wann soll die erste DXA-Messung gemacht werden?Generell wird eine1. Untersuchung bei Frauen im Alter von 65 Jahren, bei Männern ab 70 Jahren empfohlen. Bei erhöhtem Risiko-wie bei Diabetes – und besonders, wenn in der Familie schon Osteoporose bekannt ist: ab dem 50. Geburtstag!
Nur passt der „T-Score“ nicht ganz mit dem Risiko bei Diabetes zusammen.Die Mehrzahl der Studien bei Menschen mit Typ 1 Diabetes zeigen, dass die Knochenmasse bei ihnen deutlich vermindert ist.
Menschen mit Typ 2 Diabetes haben meist eine etwas stärkere Knochenmasse, möglicherweise auch durch das häufigere Übergewicht. Ihr Risiko ist aber trotzdem erhöht. Das bedeutet, dass der T-Score bei ihnen nicht ganz „passt“, er liegt vor allem bei älteren Frauen um ca 0,5 zu hoch – viele Ärzte berücksichtigen das bei der Entscheidung, ob eine Behandlung der Osteoporose beginnen soll.
Bei Typ 2 Diabetes ist auch die Knochen-„Architektur“ eher gestört als bei Menschen ohne Diabetes: die kleinen Tragebälkchen sind zwar oft etwas stärker, aber nicht so perfekt angeordnet wie bei Gesunden – auch das trägt zu einem erhöhen Risiko von Knochenbrüchen bei. Um das festzustellen, braucht man spezielle Untersuchungen, die nur über eine Osteoporose-Ambulanz erhältlich sind.
Behandlung der Osteoporose:
Vitamin D:
Laborkontrolle! Ein Vitamin D-Wert unter 20 ng/ml (=50nmol/l) bedeutet Vitamin D-Mangel! Der sollte mit Vitamin D-Tropfen oder -Kapseln ausgeglichen werden.
Kalzium:
Menschen mit Osteoporose sollen täglich 1000mg Kalzium aufnehmen, vorzugsweise über die Nahrung. Gute Kalzium-Quellen:
- Gemüse: Brokkoli, Grünkohl, Rucola, Feldsalat
- Milchprodukte: Hartkäse, Joghurt, Milch, Buttermilch
- Nüsse / Samen: Sesam, Mandeln, Haselnüsse, Sonnenblumen- und Kürbiskerne
- Pflanzliches Protein: Hülsenfrüchte, Tofu, Lupine
Die Ärzte verschreiben auch oft Kalzium-Präparate.
Die schmecken nicht gut – ist eben Kalzium. Wenn Sie Ihre Kalzium-Tabletten oder Sprudeltabletten nicht mögen: bitten Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, einmal ein anderes Präparat zu verschreiben – kosten Sie sich durch und bleiben Sie bei dem, das Ihnen noch am ehesten schmeckt!
Medikamente:
Da gibt es einmal die Biphosphonate.
Die gibt’s als Tabletten oder als Injektion. Früher musste man diese Tabletten jeden Tag nehmen, 30 Minuten vor dem Frühstück, und es gab doch einiges an Nebenwirkungen. Dann kamen Tabletten, die man nur einmal pro Woche nehmen muss – die gibt es noch immer. Aber heute sind Injektionen üblich: alle 3 Monate eine Spritze langsam in die Vene oder einmal im Jahr eine kurze Infusion – das ist viel angenehmer!
Sehr bekannt ist auch das Prolia (Demosumab), eine Spritze subcutan, also unter die Haut, meist alle 6 Monate.
Eine weitere Möglichkeit ist das Evista (Raloxifen), das bei Frauen nach der Menopause eingesetzt werden kann.
Welche Medikamente in welcher Reihenfolge und wie lange gegeben werden, das entscheiden die Ärzte individuell für jeden Patienten, für jede Patientin.
Wichtig: Die meist ersten Medikamente, die Biphosphonate, sollten meist nur 3 -5 Jahre lang genommen werden. Das übersieht man leicht, auch als Arzt, wenn eine Standard-Therapie so dahinläuft.
Bitte achten Sie auch selbst darauf und sprechen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin darauf an, wenn Sie diese Behandlung schon länger als 3 Jahre bekommen! Vielleicht wird dann eine DXA-Kontroll-Untersuchung angeordnet und dann überlegt, wie es gut weitergeht.
Auch wichtig: Osteoporose-Medikamente nicht einfach absetzen! Denn dann kann die Knochen-Qualität schnell schlechter werden. Deshalb: ein Ende einer Osteoporose-Therapie IMMER mit Arzt oder Ärztin besprechen !
Beim Prolia gibt es Studien, die die Sicherheit und Wirksamkeit von Prolia über 3 bis 8 Jahre gezeigt haben, aber die optimale Behandlungsdauer wurde nicht festgelegt. Nach 5 Jahren sollte auch hier noch einmal nachgedacht werden, wie es gut weitergeht.
Der FRAX-Score
ist DAS Instrument zur Abschätzung des Osteoporose-Risikos!
Ein einfacher Fragebogen, den jeder selbst ausfüllen kann. Man kann dabei auch das Ergebnis einer DXA-MEssugn eintragen, es geht aber auch ohne diese Utnersuchung.
Dieser Fragebogen ist wissenschaftlich erprobt und eignet sich hervorragend als Entscheidungs-Hilfe!
Der FRAX fragt nach Risikofaktoren: Alter – Größe/Gewicht- Geschlecht – ob man Cortison-Präparate als Dauertherapie nimmt – Rauchen – Hüft-Knochenbruch bei einem Elternteil – Alkohol – schon vorbekannte Osteoporose – rheumatoide Arthritis
Und aus diesen Angaben errechnet der FRAX: wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit in den nächsten 10 Jahren a) einen Knochenbruch aufgrund von Osteoporose irgendwo im Körper undb) einen Bruch der Hüfte zu bekommen.
Sie können den FRAX gleich selbst für sich machen, hier geht’s zur Uni Sheffield in England: https://frax.shef.ac.uk/FRAX/tool.aspx?lang=de ( QR-Code qr-frax.png)
Ich habs gleich selbst ausprobiert, mein Ergebnis sehen Sie hier:

Das Ergebnis im roten Kästchen bedeutet: ich habe ein 8% Risiko eines Osteoporose-Knochenbruchs und ein 1,2% Risiko eines Hüft-Bruches in den nächsten 10 Jahren – das ist ein recht gutes Ergebnis! (Trotzdem werde ich wieder einmal eine DXA Untersuchung machen lassen – jaja, habs auch verschlampt…)
Leider ist im FRAX das erhöhte Risiko bei Diabetes noch nicht enthalten – man kann stattdessen bei „rheumatoide Arthritis“ ein „Ja“ ankreuzen, denn das entspricht recht genau dem erhöhten Risiko bei Diabetes.
Bei einem Ergebnis über 20%/5% sollte unbedingt eine weitere Abklärung und Behandlung begonnen! Beispiel: wenn ich Diabetes hätte und einen Elternteil mit Hüft-Fraktur, wär mein Risiko schon bei 19%!
Was man selbst tun kann:
- Nicht rauchen
- Nicht zuviel Alkohol
- Möglichst kein Übergewicht
- Genug Kalzium im Essen
- DXA-Untersuchung
Und das Wichtigste – Sie ahnen es schon:
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Bewegung:
Damit die Knochen stärker werden, muss man sie belasten.
Wenn schon ein Knochenbruch wegen Osteoporose passiert ist: Physiotherapie! Die aufgegebenen Übungen wirklich machen, ganz konsequent!
Kraft-Training:
lässt Muskeln und Knochen wachsen und stärker werden!Gerade wenn man zB wegen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung nicht sehr fit ist, ist genau angepasstes Krafttraining oft einfacher umzusetzen als Ausdauern-Einheiten.
Bei diabetischen Kindern kam es nach einem 9-monatigen Training (2 ×/Woche 90min, Ballsport, springen, Gymnastik) zu einer Verbesserung der Knochendichte].
Bei älteren Personen mit Typ 2 Diabetes und bei Frauen nach der Menopause wurden nach 12-monatigem Krafttraining Verbesserungen des Knochenaufbaus gefunden.
Ausdauer-Training:
bewirkt eine Verbesserung der Aufnahme vonGlukose in der Muskulatur. Dies resultiert in einer Verbesserung der Insulinresistenz. Weiters könnte aerobes Ausdauertraining eine positive Wirkung auf Knochenstoffwechselparameter haben – ist also auch zu empfehlen.
Balance-Training:
Balancetraining ist eine wirksame Strategie, um das Risiko für Stürze zu reduzieren. Dies ist insbesondere bei Menschen mit Diabetes von großer Bedeutung, da in dieser Personengruppe nicht nur ein erhöhtes Sturzrisiko, sondern auch die Angst vor Stürzen weit verbreitet sind. Eine neuere Studie konnte zeigen, dass ein 3-monatiges Balancetraining eine deutliche Verbesserung der Stabilität sowie des Sturzrisikos bewirkt.
Also: kümmern Sie sich bitte – auch – um Ihre Knochen! Das Wissen um die so guten Auswirkungen von Bewegung zur Vorbeugung von Osteoporose kann Ihnen da ein guter Ansporn sein.

Die Zuckertante grüßt
und wünscht allzeit gute Werte!