Hafertage - für jeden? - Zuckertante.at
Hafertage

Hafertage bei Typ-2-Diabetes – Wundermittel oder Zuckerfalle?

So oft hört man die Empfehlung, Hafertage durchzuführen bei Typ 2 Diabetes.
Manchmal sogar mit vollmundigen Versprechungen:

 "Mit Hafertagen Blutzucker senken – Insulinresistenz besiegen – die Werte werden besser!!"

Und ja – ich übertreibe jetzt ein bisschen….

Denn Hafertage erleben gerade ein echtes Comeback.
In Gesundheitsforen, bei Influencern, sogar in manchen Diätberatungen wird Hafer als das neue Superkorn gefeiert.

Drei Tage Haferbrei – und schon soll der Zucker ganz brav werden.
Nur: So einfach ist es leider nicht. Zumindest nicht für alle.

Eine Frage aus der Praxis – eine ehrliche Antwort

Die Idee für diesen Artikel kam durch eine Hörerin meines Podcasts, die mir eine Voicemail geschickt hat.
Sie hat sich genau an die üblichen Empfehlungen für Hafertage gehalten:

Dreimal täglich 75 g Haferflocken, in Wasser eingeweicht – keine Milch, kein Zucker, kaum Salz.

Doch was ist passiert? Sie sagte wörtlich:
"Meine Blutzuckerwerte sind in die Höhe geschossen – 250, 270, nur mit Bewegung konnte ich sie wieder senken. Ich erreiche solche Werte sonst nie!"

Und sie fragte ganz berechtigt:
"Wenn mein Körper so reagiert – sind Hafertage dann überhaupt sinnvoll für mich?"

Die Idee hinter den Hafertagen

Die Theorie klingt gut – und ist  durch Studien gestützt:
Hafer enthält viele lösliche Ballaststoffe, und das Beta-Glucan.

Diese Substanz kann mithelfen

  • den Blutzuckeranstieg nach dem Essen zu bremsen,
  • den Cholesterinspiegel zu senken,
  • die Insulinempfindlichkeit zu verbessern

und insgesamt den Zucker-Stoffwechsel ein bisschen zu „beruhigen“.

In Studien zeigt sich: Nach zwei oder drei Hafertagen sind die Blutzuckerwerte vieler Menschen für mehrere Wochen verbessert.

Der klassische Hafertag – so soll er aussehen

Dreimal täglich:

75 g Haferflocken, eingeweicht in Wasser,
als Brei gegessen, eventuell mit ein paar Beeren oder gedünstetem Gemüse,
ohne Zucker, ohne Milch.

Für den Geschmack dürfen Sie:
Etwas salzen, mit Kräutern würzen, etwas Zimt verwenden, ein paar Beeren dazugeben (zuckerarm, z. B. Himbeeren, Heidelbeeren).

Drei solcher Tage hintereinander – das ist das klassische Hafertag-Programm.

Klingt machbar? Für viele ja.
Aber – und jetzt kommt das große ABER – nicht jeder Stoffwechsel spielt da mit.

Wenn der Zucker plötzlich Achterbahn fährt…

In der Praxis berichten mir viele Menschen:

„Ich esse diesen Haferbrei – und mein Blutzucker schnellt auf 220, 250 oder sogar 300!“

Und zwar auch bei Menschen, die normalerweise schöne Werte haben, besonders morgens.
Ein Beispiel:

Nüchtern-Wert: 100 - nach dem Haferfrühstück: starker Anstieg auf Werte 180 -250
Vor dem Mittagessen: 150 (also höher als vor dem Frühstück!)  -  nach dem Hafer-Mittagessen: wieder über 200
Vor dem Abendessen: 170 (also noch höher als vor dem Mittagessen) - mach dem Abendessen: wieder viel zu hoch

Und erst über Nacht sinkt der Zucker wieder langsam…

Das ist kein ideales Muster. Warum?

Weil der Körper dann 12–15 Stunden lang mit erhöhten Blutzuckerwerten kämpft. Und genau das versuchen wir doch zu vermeiden – um Spätschäden vorzubeugen.

Ein Tipp am Rande: Wenn Sie Hafertage ausprobieren möchten, dann verwenden Sie grobblättrige Haferflocken – also die klassischen, nicht die zarten.

Denn: Zarte Flocken lösen sich schneller im Darm auf → schnellere Zuckeraufnahme.
Grobe Flocken wirken langsamer → flachere Blutzuckerkurve.

Sie können den Hafer auch:
kurz anrösten (gibt Geschmack und verzögert die Verwertung),
nur kurz einweichen (nicht über Nacht).

Wie finden Sie heraus, ob Hafertage für Sie sinnvoll sind?

Die Zuckertante empfiehlt: Selbst testen.
Überlegt, so richtig als „Eigen-Versuch“.
Mitschreiben!

Wenn Sie blutig messen:

Messen Sie vor dem Essen, und dann nach 30, 60, 90 und 120 Minuten.
Beobachten Sie den Anstieg – und vor allem:

Wie ist der Blutzucker 4 Stunden später, vor der nächsten Mahlzeit?

Wenn Sie einen Sensor tragen:

Das ist natürlich besonders komfortabel.
Sie sehen den Verlauf in Echtzeit.
 Achten Sie vor allem auf: die Höhe der Blutzuckerspitze,und wie schnell und weit der Zucker danach wieder sinkt.

Wie ist der Blutzucker 4 Stunden später, vor der nächsten Mahlzeit?


Drei mögliche Reaktionsmuster – und was sie bedeuten:

Variante 1: Sanfter Anstieg – rasche Rückkehr in den Zielbereich

Sie haben z. B. nach dem Essen maximal 30–40 mg/dl Anstieg, und nach 3–4 Stunden ist alles wieder im Normalbereich?

Gratulation! Hafertage könnten für Sie genau das Richtige sein.

Variante 2: Deutlicher Anstieg – aber Rückkehr nach 4 Stunden in den Zielbereich

Zum Beispiel: Nüchtern 100 - nach dem Essen: 220 - 4 Stunden später: in etwa so wie der Ausgangswert

Da müssen Sie abwägen:

Wollen Sie die positiven Effekte des Beta-Glucans nutzen auf zB die Insulinresistenz – trotz hoher Spitzen?

Oder fürchten Sie die kurzfristige Gefäßbelastung durch hohe Werte?
Eine gar nicht ganz einfache Entscheidung! Das sollte individuell überlegt und entschieden werden – wichtig dafür sind Ihre sonstigen Risiko-Faktoren.

Besprechen Sie das am besten mit Ihrer Diabetes-Ärztin oder Ihrem Arzt!

Variante 3: Anstieg – aber keine Rückkehr in den Zielbereich vor der nächsten Mahlzeit

Zum Beispiel: Frühstück: Nüchtern 100 - nach dem Hafer 250 -  vor dem Mittagessen: 150 – nach dem Mittagessen: wieder Anstieg auf 230 oder sogar mehr -  vor dem Abendessen: 170 – nach dem Abendessen: wieder Anstieg -  erst nachts oder  am nächsten Morgen wieder im Zielbereich.

Dann lautet meine Empfehlung: Lassen Sie es lieber.

Denn Ihr Körper kämpft den ganzen Tag mit zu hohen Werten.
Und das kann auf Dauer schaden.

ACHTUNG: das ist meine MEINUG,
das ist NICHT durch Leitlinien
oder Studien-Ergebnisse belegt!

Das ist wichtig, denn:  als Zuckertante bemühe ich mich, Ihnen immer korrekte Informationen zu geben.
Ich orientiere mich dabei sehr an Leitlinien und Studie.-Ergebnissen.
Wenn ich einmal etwas sage, das NICHT gesichert ist, dann mache ich Sie darauf aufmerksam: Das ist die MEINUNG der Zuckertante!
Ich habe darüber nachgedacht, es erscheint mir schlüssig, ich empfehle das derzeit so – aber belegen kann ich es nicht!

Was tun, wenn Hafertage nicht gut funktionieren?

Dann ist das keine Niederlage!
Denn: Kein Tipp – kein Diätratgeber – kein „Superfood“ gilt für alle.
Diabetes ist individuell. IHR Diabetes ist einzigartig.

Vielleicht brauchen Sie andere Maßnahmen, um die Insulinresistenz zu verbessern:
die „üblichen Verdächtigen“ funktionieren!

  • regelmäßige Bewegung (Sind Sie ganz unsportlich? Schon einfaches Gehen wirkt hervorragend– siehe hier: www.zuckertante.at/gehen )
  • Gewichtsreduktion (auch kleine Erfolge zählen!)
  • An SIE angepasste medikamentöse Therapie

Und das Wichtigste: Nicht den Mut verlieren!

Fazit:

Ja, Hafer ist gesund – aber nicht für alle die Lösung
Ja, Hafer enthält wertvolle Ballaststoffe.
Ja, Studien zeigen positive Effekte.
Ja, viele Menschen profitieren von Hafertagen.

Aber:

Nicht jeder Stoffwechsel reagiert gleich.
Was bei Ihrer Nachbarin Wunder wirkt, kann bei Ihnen das Gegenteil bewirken.

Die Zuckertante rät:

Probieren Sie’s aus – aber mit Verstand und Messgerät.

Und wenn’s nicht passt: Haken drunter. Weitermachen. Es gibt viele Wege zu guten Werten.

Bleiben Sie neugierig, bleiben Sie dran – und seien Sie nett zu Ihrer Bauchspeicheldrüse.
Denn wie ich oft sage: Ihre Drüse tut ohnehin, was sie kann. Helfen Sie  ihr dabei – mit Verstand, Humor und einer Prise Gelassenheit.

die Zuckertante Dr. Pusarnig

Die Zuckertante grüßt
und wünscht allzeit gute Werte!

  • DR. RAINER BIERWOLF sagt:

    Ich kann nur bestätigen was hier beschrieben wird. Bin zwar „nur“ Prädiabetiker aber nutze öfters einen Sensor und der zeigt mir katastrophale Werte (bis 250) bei Haferflockenmahlzeiten (ungesüßt, ohne Milch, eingeweicht oder nicht, kleine Portion (40g) – alles egal!). Die blutige Messung bestätigt die Sensorwerte.
    Aber ich habe für mich ein gute Alternative gefunden, die ich als Kohlenhydrat-Komponente äußerst gut vertrage.
    Es gibt in vielen Geschäften in Deutschland das mehlfreie Hafer-Vollkornbrot „Das Pure“ (unter verschiedenen Markennamen bei Aldi, Edeka, Penny: 400gr für 1,75€) mit ganzen Körnern – also nicht gequetscht. Mahlzeiten damit lassen meinen Zucker maximal auf 150 – 160 steigen, und ich bin ein guten Esser 🙂 mit 200gr von diesem Brot pro Mahlzeit. Vielleicht ist das ja auch für andere Menschen eine sinnvolle Möglichkeit.

    Mit herzlichen Grüßen
    Rainer

    • Susanne Pusarnig sagt:

      Ich selbst schreibe hier in meinen Texten keine Produkt-Namen, kenne mich auch nicht aus was es in Deutschland alles gibt, deshalb:
      Danke, klingt nach einem guten Tipp.
      Wenn ich das nächste Mal in Deutschland bin, werde ich das ausprobieren und ich werde auch in unserer APP nachfragen, ob das andere auch kennen.
      Dazu kopiere ich Ihren 2. Absatz „Es gibt in vielen Geschäften…“, das darf ich, wieils hier ja auch öffentlich ist.
      Danke!
      APP: https://app.zuckertante.at schauen Sie gern einmal vorbei, Anmeldung kostenlos mit Email

  • Bettine sagt:

    Hafertage mit Haferflocken zu allen drei Mahlzeiten sind wohl auch nichts für mich. Ganz so hoch wie beschrieben steigen meine Werte nicht an, aber doch höher als mir lieb ist. Mit einem Müsli aus Haferkleie, Joghurt und etwas Obst zum Frühstück komme ich aber gut zurecht, d. h der Zucker ist danach nicht höher, als er sein sollte.


  • >