Diagnose Diabetes – und Ihr Herz? - Zuckertante.at

Diagnose Diabetes – und Ihr Herz?

Herz

Diabetes frisch entdeckt:
„Wie geht es Ihrem Herzen denn?“

 

Dieser Artikel ist der erste einer kleinen Serie, in der ich darüber sprechen möchte, was sich für Sie ändert, wenn Sie die Diagnose Diabetes bekommen. Da tut sich einiges. Sie sind plötzlich ein „Patient“, sollen sich um Ihre Blutzuckerwerte kümmern, eine Reihe Untersuchungen machen lassen.  Sie haben das Gefühl „da funktioniert irgendwas in mir nicht so wie es sollte“, kennen sich aber noch nicht ausreichend aus.

Zu alledem kommt noch: Peng!

In dem Moment, wo Sie Diabetiker werden, wird auch die Gefahr größer, dass Sie Krankheiten an Herz oder Blutgefäßen bekommen.

„Herz/Kreislauf-Erkrankungen“:

 

Das hört man oft. Aber was gehört eigentlich alles dazu? Der Herzinfarkt fällt jedem sofort ein. Aber leider gibts da noch viel mehr! Hier die Liste der häufigsten Herz/Kreislauf-Erkrankungen beim Diabetiker:

  • Herzinfarkt
  • Bluthochdruck
  • Angina Pectoris ( meist dumpfe Schmerzen in der Brust, die immer wieder kommen, oft bei Bewegung, manchmal auch in Ruhe. Unbedingt schnell abklären lassen! Diese Schmerzen können das Warnzeichen vor einem Herzinfarkt sein!)
  • Schlaganfall
  • Verengung der Hals-Schlagader, der Carotis
  • Verschlüsse in den Blutgefäßen in den Beinen
  • Verengung der Blutgefäße am Herzen, die den Herzmuskel mit Sauerstoff versorgen,…

Diabetes neu entdeckt  – muss ich wirklich mit einem hohen Herzinfarkt-Risiko rechnen?

 

Sie sagen: „Aber ich bin doch derselbe, dieselbe wie 10 Minuten davor?“
Das stimmt! „In Wirklichkeit“ hat sich ja nur geändert, dass Sie es jetzt wissen, dass Sie Diabetiker, Diabetikerin sind.

Zucker MEssgerätWann Sie das erfahren, ist von vielen Zufällen abhängig: Wie oft Sie zum Arzt gehen, ob der Diabetes eher zufällig und recht früh bei einer Blutabnahme entdeckt wird, oder ob Sie schon Anzeichen gespürt haben und deshalb haben eine Blutabnahme machen lassen… egal, nun haben Sie es schwarz auf weiß:  „Sie sind ja Diabetiker!“ sagt Ihr Arzt.

Und jetzt auf einmal sollen Sie so in Gefahr sein, einen Herzinfarkt oder eine der anderen Schrecklichkeiten zu bekommen? Natürlich halten sich Krankheiten nicht daran, wie viel oder wie wenig Sie über sie wissen.

Die Gefahr, dass Sie einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall,.. bekommen steigt – ohne dass Sie das bemerken – schon in der Zeit vor der Diagnose Diabetes an, sogar in der Zeit des Prä-Diabetes: da ist Ihr Nüchtern-Zucker noch ganz normal, die Bauchspeicheldrüse hat aber schon massive Schwierigkeiten, für Sie genug Insulin zu produzieren. Schon in dieser Zeit, wo sich der Zuckerstoffwechsel „hinter den Kulissen“ langsam verändert, haben Sie ein höheres Risiko.  Ohne dass Sie etwas davon mitbekommen,Übrigens nicht nur für Herzinfarkt. Aber der ist so wichtig, dass wir  heute beim Herz/Kreislauf- Risiko bleiben

Doppelt bis viermal so häufig

 

Diabetiker bekommen doppelt bis viermal so häufig eine der Herz/Kreislauf-Krankheiten wie Nicht-Diabetiker. Doppelt bis viermal!

Sie kennen sicher jemanden, der schon so eine Erkrankung hat. Aus Ihrem Bekannten- und Freundeskreis haben Sie vielleicht ein bisschen ein Gefühl dafür, wie häufig solche Krankheiten sind. Und als Diabetiker soll Sie das doppelt bis viermal so häufig erwischen? Leider ja.

Bei Diabetikern, die jünger als 50 Jahre sind, ist der Herzinfarkt sogar die häufigste Todesursache! (Quelle: https://www.diabetesinformationsdienst-muenchen.de/erkrankungsformen/folgeerkrankungen/diabetes-und-herz/index.html)

Aber es wird besser…

 

Es gibt auch gute Nachrichten: in den letzten Jahren sind die Zahlen für Herz/Kreislauferkrankungen bei Diabetikern laufend zurück gegangen. Das liegt vor allem daran, dass Diabetiker gut betreut werden, dass sie und ihre Ärzte sich sehr um eine gute Diabetes-Einstellung bemühen. Und das bringt was, besonders in den ersten Jahren! Wir haben Studien, die beweisen, dass es besonders ganz am Anfang wichtig ist, die Zuckerwerte möglichst tief, nahe den Werten von Gesunden, zu halten. Hier die Ergebnisse aus einer der größten Studien die  jamals gemacht wurde, die Ergebnisse nach 18 Jahren! DCCT Follow Up (Zusammenfassung auf Deutsch)

HbA1c runter!

 

HbA1cWenn Sie es schaffen, Ihr HbA1c dauerhaft um 1% zu reduzieren – wenn Sie also HbA1c-Werte rund um 7 % haben statt wie früher rund um 8 %: Das reicht schon, um Ihr Risiko für Herz/Kreislauferkrankungen um ein Viertel zu senken!

Unabhängig davon gibt es einige Medikamente, die mehr als andere mithelfen, nicht nur das HbA1c sondern darüber hinaus das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall zu senken: Bewiesen ist das für die  SGLT2-Hemmer, vor allem Empaglifozin (Jardiance, Synjardy).  Für GLP1-Mimetika (das „Darmhormon“) wie Trulicity und vor allem Victoza (Leader-Studien). Weiters noch für Pioglitazon für den Schlaganfall. Achtung, alle diese Medikamente haben ihre Vor- und Nachteile, schauen Sie gern auch in die „Medikamenten-Suchmaschine“ der Zuckertante!

Beste Vorsorge überhaupt: Rauchstopp!

 

Diabetes und Rauchen – das ist eine dermaßen giftige Kombination, dass bei rauchenden Diabetikern das Rauchen schwerer wiegt als alle anderen Risikofaktoren.

Rauchen und Diabetes erhöht nicht nur dramatisch das Risiko für Herz/Kreislauf-Erkrankungen, rauchende Diabetiker bekommen deutlich häufiger und vor allem früher Diabetes-Spätschäden an der Niere und den Augen. Dazu noch häufiger als „Nur-Raucher“ Gefäßverschlüsse an den Beinen, Lungenkrankheiten wie COPD und Lungen-Karzinom, Pankreaskarzinom,..

Viele Spezialisten gehen so weit, dass sie sagen „bevor Sie enorm viel Energie reinstecken um Ihr HbA1c von 7 auf 6 zu drücken, verwenden Sie diese Energie viel besser darauf, mit dem Rauchen aufzuhören! Das bringt auf lange Sicht viel mehr!“

Rechtzeitig zum Facharzt

 

SthetoskopAußerdem gehen immer mehr Diabetiker rechtzeitig entweder von sich aus zum Kardiologen, dem Facharzt für Herzerkrankungen oder sie werden von ihrem Arzt, ihrer Ärztin da hin geschickt. Das ist sehr gut, denn da kann mit einer Untersuchung des Herzens und der Blutgefäße abgeklärt werden, ob Sie schon an Verengungen leiden.

Ein erster Besuch beim Kardiologen sollte nach der Diagnose Diabetes innerhalb der ersten paar Monate geplant werden.

Risiko nicht gut bekannt

 

Wenn man Diabetiker fragt, wovor Sie sich fürchten, welche Folge-Krankheiten ihnen bewusst sind, dann hört man immer: „Ich habe Angst blind zu werden – dass meine Nieren aufhören zu arbeiten und ich zur Dialyse muss!“ und erst dann: „Ich habe Angst, dass mir ein Bein amputiert werden muss!“

Kaum jemand sagt auf die Frage: „Wovor fürchten Sie sich denn, weil Sie Diabetes haben“: „Vor einem Herzinfarkt oder Schlaganfall!“

Weltweite Befragung

 

Dazu läuft gerade eine weltweite Befragung von Diabetikern. Die wird von der IDF veranstaltet, das ist die „Internationale Diabetes Föderation“. Die haben einen Fragebogen erstellt und bitten möglichst viele Diabetiker ihn auszufüllen Leider ist er ziemlich theoretisch geworden, aber schauen Sie hier: (Oben rechts kann man die Sprache auf Deutsch umstellen)

Die Befragung läuft noch, aber es gibt schone erste Ergebnisse. Dabei muss man mit bedenken, dass solche Umfragen meist in Diabetes-Ambulanzen gemacht werden und dass daher eher Menschen antworten, die recht viel Kontakt zum Medizin-System haben. Trotzdem sagt ein Viertel der Befragten, dass sie entweder gar nie auf ihr Herz/Kreislauf-Risiko aufmerksam gemacht wurden, oder erst nach einigen Jahren mit Diabetes. Jeder 6. hatte noch nie mit seinem Arzt über sein Herz/Kreislauf-Risiko gesprochen.

Diabetes und Herz – eine Initiative aus Österreich

 

Logo "Diabetes und Herz"

Logo „Diabetes und Herz“

Eigentlich schlimm. Um über das Herz/Kreislaufrisiko besser zu informieren, hat die Österreichische Diabetes-Gesellschaft eine eigene Homepage gebaut: Diabetes und Herz. Da finden Sie kurze Informationen und auch eine gute Liste mit Links zu verschiedenen Organisationen.

Es muss sich was ändern!

 

Hier müssen wir als Diabetes-Behandler uns auch selbst an der Nase nehmen, Allzu oft schauen wir nur auf die Zuckerwerte, aufs HbA1c. Und die meiste Zeit in der Beratung geht dafür drauf, herauszufinden, wie die Zuckerwerte besser, stabiler werden könnten. Man überlegt, welches zusätzliche Medikament, welche Änderung der Insulin –Therapie oder welche anderen Maßnahmen dem Patienten helfen könnten, seine oder ihre Zuckerwerte zu verbessern.

Als Behandler achten wir auf die regelmäßigen Blutabnahmen, darauf, dass Bluthochdruck und zu hohe LDL-Cholesterin-Werte behandelt werden – immerhin! Zusätzlich fragen wir grad noch danach ob unser Patient im letzten Jahr eh brav beim Augenarzt war und was dabei rausgekommen ist.

Seit einigen Jahren stellen wir auch immer häufiger indirekte Fragen nach Depression – Diabetiker leiden deutlich häufiger unter Depressionen als Nicht-Diabetiker. Dann noch an die mögliche Impotenz als Diabetes-Folge bei Männern denken…Das alles ist schon recht viel in der Diabetes-Betreuung. Leider kommt da die Frage nach Herz/Kreislaufproblemen  zu oft nicht vor und vor allem die Aufklärung, wie wichtig und sinnvoll ein Besuch beim Kardiologen, beim Spezialisten für Herz-Erkrankungen wäre. Der sollte ein EKG und einen Ultraschall des Herzens machen, und Sie zum Belastungs-EKG zum Ultraschall der Blutgefäße im Bein und im Hals (Hals-Schlagader, Carotis!) schicken.

Die Zuckertante verspricht Besserung

 

BücherJa, das passiert viel zu selten – und ich nehme mich da gar nicht dabei aus. Das Recherchieren zu diesem Thema und das Nachlesen haben mich auch wieder ein bisschen wach gerüttelt. Diabetiker, die in den nächsten Wochen in meine Ordination kommen, dürfen damit rechnen, dass ich nicht nur nach Blutdruck-Einstellung und Augenarzt-Ergebnis frage, sondern auch danach, ob Ihr Herz, Ihre Blutgefäße in letzter Zeit einmal untersucht wurden!

Allerdings, wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ALLE Diabetiker zum Kardiologen gehen, gleich nach der Diagnose und dann alle paar Jahre je nach Empfehlung des Facharztes und natürlich bei Beschwerden – also damit wären die Kardiologen heillos überfordert, dafür bräuchte es viele Facharzt-Ordinationen mehr…aber das ist eine andere Geschichte..

Sie, der oder die Sie das lesen: Greifen Sie zum Telefon, vereinbaren Sie einen Termin beim Kardiologen, seien Sie nett am Telefon und sagen Sie der Sprechstundenhilfe/Arzthilfe  gleich, dass es um nichts Akutes geht, sondern dass Sie als Diabetiker eine Untersuchung zur Abklärung Ihres Risikos brauchen. Dann wird der Termin erst in ein paar Wochen sein, aber Hauptsache, Sie haben einen!

Was Sie selbst tun können

 

KirschenZum Abschluss: fragen Sie sich, was Sie dazu tun können, um Herz/Kreislauf-Erkrankungen, um einen Herzinfarkt möglichst zu verhindern? Wahrscheinlich „fragen“ Sie sich das nicht. Weil Sie es eh wissen. Die üblichen Verdächtigen: gute Zuckerwerte, gesund essen, wenig Cholesterin, Bewegung, ausreichend Entspannung, genug Schlaf, kein Gift wie Nikotin oder zu viel Alkohol. Das Glaserl Wein am Abend – wenns dabei bleibt – darf aber gerne sein!

JA, das wissen Sie, es wird doch immer und überall „gepredigt“. Aus gutem Grund – wir wissen, dass schon etwas regelmäßige Bewegung wie ein kleiner Spaziergang von einer halben Stunde, eine bessere Behandlung für Typ 2 Diabetes ist und den Zucker besser senkt als eine einzelne Tablette!

Okay, Sie wissen es also. „Gesund essen, genug Entspannung, ausreichend Bewegung“. Wie viel Sie davon wirklich machen, das ist von Mensch zu Mensch verschieden und das ändert sich auch mit der Zeit.

Blutdruck, Fettwerte, Medikamente?

 

Was Sie aber zusätzlich tun sollten: Besonders genau darauf achten, wie hoch Ihre Fettwerte und Ihr Blutdruck sind. Es ist ja eigentlich meist viel einfacher, die Fettwerte und den Blutdruck zu senken, als rund um die Uhr gute Zuckerwerte zu haben! Bei Fettwerten und Blutdruck kommt es vor allem darauf an, dass Sie die für Sie richtigen Medikamenten nehmen.

TablettenDas kann schon ein bisschen Herumprobieren für Ihren Arzt und für Sie bedeuten. Schauen Sie doch gleich nach, ob am letzten Labor-Befund das LDL unter 80 mg/dl gelegen ist, wo es hingehört! Und kramen Sie doch wieder einmal Ihren Blutdruck-Messer hervor!  Ja jetzt gleich! Messen Sie Ihren Blutdruck. Ganz einfach: liegt der obere Wert über 140? Noch ein paar Mal messen, zu verschiedenen Tageszeiten, aufschreiben und Ihrem Arzt demnächst zeigen.

Noch ein allerletzer Tipp: Thrombo Ass („Herzschutz-.Ass“,… es gibt viele Namen dafür, jedenfalls 100mg Acetylsalicylsäure). Das ist einfach eine ganz kleine Menge Aspirin, und in dieser kleinen Dosierung hilft es gut mit; Herzinfarkt und Schlaganfall zu vermeiden zu helfen. Die Studien sagen uns, dass es ganz besonders sinnvoll ist für Männer mit Diabetes, Aspirin als Vorbeugung zu nehmen.

Mein wichtigster Rat:

 

BLumenWenn bei Ihnen Diabetes mellitus entdeckt wurde – vereinbaren Sie einen Termin beim Kardiologen, dem Spezialisten für Ihr Herz. Damit Sie wissen, wo Sie stehen und damit Sie gleich von Anfang an so viel wie möglich dazu tun, dass SIE keine der Herz/Kreislauf- Krankheiten bekommen,

Und wenn Sie schon länger Diabetes haben und in den letzten 5 Jahren nicht beim „Herzdoktor“ waren: anrufen, Termin vereinbaren, hingehen! Möglichst mit einem frischen Labor-Befund.

Und an alle Raucher: Werfen Sie’s weg. Sie wissen schon was!

 

 


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